Schon der Titel des Buches enthält zwei Unterstellungen: Dass es erstens eine "Neue Mitte" gebe und dass sie zweitens über eine Strategie verfüge. In der Mitte sehen sich immerhin der deutsche Regierungschef Gerhard Schröder und sein britischer Amtskollege Tony Blair. Doch das von ihnen verfasste Papier lässt wenig Strategie erkennen. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der FDP-Weichspüler Guido Westerwelle die geistige Urheberschaft für ein Werk beansprucht, das zwischen Inhaltsleere, Fortsetzung und Verschärfung der Kohl-Politik schwankt. "Wir haben doch nicht 16 Jahre gegen diese ökonomische Irrlehre angekämpft, um mit diesem Quatsch jetzt nach dem Regierungswechsel weiterzumachen", zitiert der Band den SPD-Sozialexperten Rudolf Dreßler. Die Autoren werfen dem Schröder-Flügel innerhalb der SPD vor, sich von sozialen Poltikmodellen zu verabschieden und stattdessen eine "Wir sitzen alle in einem Boot"-Ideologie zu verbreiten. Bei dem die einen in der ersten Klasse sitzen und die anderen dummerweise rudern müssen. Innerhalb des sozialdemokratischen Spektrums wird dieser Konflikt immerhin noch diskutiert - im Gegensatz zum kleineren Koalitionspartner. Doch auch bei den Grünen "formieren sich Gruppen von Schröder-Anhängern und antilinken Jubel-Jungen, die nun auf den Durchbruch des Neoliberalismus bzw. eines 'Irgendwie-Modernismus' auch in ihren Parteien hoffen", analysiert der Berliner Politik-Professor Bodo Zeuner.

Klaus Dörre/Leo Panitch/Bodo Zeuner u.a.: Die Strategie der "Neuen Mitte". Verabschiedet sich die moderne Sozialdemokratie als Reformpartei? VSA-Verlag 1999, 175 Seiten, 15,24 EUR



17.08.2001


zurück


Seitenanfang