Wie kann man die Staatshaushalte sanieren? Indem man die Unternehmenssteuern senkt, Investitionsanreize schafft und vielleicht noch Zuschüsse für Betriebe zahlt, die Arbeitslose einstellen. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung würde dann wieder Geld in die Staatskasse gespült. Grundfalsch sei dieses Denken, behauptet der Frankfurter Sozialwissenschaftsprofessor Rainer Roth. Nicht das Herumkrebsen der Unternehmen sei der Grund für die Armut des Staates, sondern der Reichtum der Konzerne. Zwangsläufig würde die Kapitalrendite (bei Roth heißt sie "Profitrate") brutto im Lauf der Zeit sinken. Die Unternehmen wollten sie netto (nach Steuern) stabilisieren und verlangten deshalb niedrigere Steuersätze, sinkende Lohnnebenkosten oder gar direkte Lohnsubventionen (Kombilöhne). Das würde den zwangsläufigen Fall der Profitrate nicht aufhalten, dafür immer größere Löcher in den Staatsetat reißen - und eine weitere Runde von Kürzungen bei Sozialleistungsempfängern und von Geschenken für Unternehmen auslösen. Diese Spirale wieder umzukehren, heißt für Roth, eine ganz andere als die bisherige Wirtschaftspolitik zu machen: die Nachfrage zu stärken, Unternehmen in die finanzielle Pflicht zu nehmen und diese Strategie international zu koordinieren, damit die Unternehmen Nationalstaaten nicht weiter gegeneinander ausspielen können.

Rainer Roth, Das Kartenhaus. Staatsverschuldung in Deutschland, DVS 1998, 429 Seiten, 25 Mark



15.08.2001


zurück


Seitenanfang