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Die Austrittswelle rollt
Das "Buch Grüne" zuschlagen? - Vor dem Bundesparteitag: Austritte
und Militärdebatten
Laufen den Grünen vor dem Hintergrund der Debatte um Bundeswehr-Einsätze
jetzt die Mitglieder davon? Die frühere Fraktionsvorsitzende und
Bürgermeister-Kandidatin Yvette Bödecker kehrte aus Protest gegen
die Afghanistan-Politik nach 12 Jahren Mitgliedschaft ihrer Partei
den Rücken. "Die Grünen enttabuisieren das Thema militärische Einsätze
und verabschieden sich von ihrer sozialpolitischen Linie", begründete
die ehemalige Kommunalpolitikerin ihren Schritt auf Anfrage des
"MM".
Zwei weitere Altstadträte, die Psychologin Dr. Ulrike Thomas sowie
der Journalist Dr. Helmut Orpel waren bereits zum Beginn dieses
Jahres bei den Grünen ausgetreten: "Die Kompromisse wurden mir zu
groß", sagte Ulrike Thomas. "Afghanistan wäre ein Austrittsgrund
gewesen", meinte Orpel: "Die Grünen schlucken für den Machterhalt
jede Kröte."
Während Mathias Meder vom Kreisvorstand der Umwelt-Partei keine
nennenswerte Bewegung in der Kartei sieht - der Kreisverband Mannheim
zählt derzeit 165 Mitglieder - denken sogar Mandatsträger der Grünen
über einen Parteiaustritt nach. Für die drei Stadträte Petra Seidelmann,
Frieder Brender und Wolfgang Raufelder ist die Marschrichtung für
die Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen am Wochenende in
Rostock klar: "Mit erhobenem Haupt 'raus aus der Koalition." So
lautet - wie berichtet - auch die Resolution des Kreisverbands zur
Vertrauensabstimmung im Bundestag in der letzten Woche.
"Mit diesem Gepäck reisen wir an die Ostsee", sagt Kreisvorstandsmitglied
und BDK-Delegierte Verena Fuchslocher, "wir Mannheimer Grünen haben
schließlich starke Wurzeln im Pazifismus." Ihr Delegiertenkollege
Ralf Henze: "Wir sind entschieden gegen den Krieg und für humanitäre
Hilfe". Deshalb müsse sich die Partei auch der Koalitionsfrage stellen,
die ihr schließlich von Bundeskanzler Schröder und der SPD aufgezwungen
worden sei.
Dies unterschreibt auch Stadtrat Raufelder, der sich Gedanken
über die Zeit nach dem Rostocker Bundesparteitag macht: "Wir wollen
auch in Zukunft vernünftig Kommunalpolitik vor Ort betreiben", sagt
er. "Das geht nicht mehr, wenn wir das 'Buch Grüne' einfach zuschlagen."
Krieg ist für ihn aber "immer falsch". Statt Bomben hätte man nach
seiner Meinung humanitäre Hilfe für Afghanistan finanzieren müssen,
um den Sumpf des Terrorismus auszutrocknen. lang
Quelle: Mannheimer Morgen, 22.11.2001
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