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Die Austrittswelle rollt
Reaktion auf Abstimmungsverhalten ihrer Partei - Angelika Göhl
verlässt Grüne
Als Reaktion auf das Abstimmungsverhalten ihrer Fraktion im Bundestag
zur Vertrauensfrage des Kanzlers und zum Kriegseinsatz der Bundeswehr
hat Angelika Göhl gestern den Grünen den Rücken gekehrt. "Ich sehe
für mich keine Möglichkeit mehr, innerhalb der Partei Bündnis 90/Die
Grünen meine politischen Überzeugungen umzusetzen, und aus diesem
Grund habe ich mich entschlossen, die Partei zu verlassen", heißt
es im Austrittsschreiben der ehemaligen Sprecherin des Kreisverbandes.
Das "Einknicken" ihrer Partei am vergangenen Freitag "bei einer
so wichtigen Frage" sei für sie der Schlusspunkt einer Entwicklung
gewesen, die in Jüchen begonnen habe. In der Frage des Widerstands
gegen den Braunkohletagebau sei dort zum ersten Mal auf Druck einer
Fraktion innerhalb der Partei ein Grundelement Grüner Überzeugung
aufgegeben worden, um eine Koalition aufrecht zu erhalten.
"Immer mehr Macht eingeräumt"
"Seither haben die Grünen ihrem Koalitionspartner SPD immer mehr
Macht eingeräumt", schreibt Göhl weiter, und mit Blick auf die Ereignisse
in der vergangenen Woche: "Ich kann und will nicht Mitglied einer
Partei sein, die dem Kriegseinsatz deutscher Soldaten zustimmt,
obwohl diese Frage gerade an der Basis sehr umstritten ist; die
Abgeordnete unter Druck setzt, gegen ihr Gewissen zu entscheiden;
die schon im Vorfeld des Parteitags ihre Basis unter Druck setzt,
konforme Beschlüsse zu fassen." Gleichwohl werde sie weiterhin Grünen
Überzeugungen und Grundsätzen verbunden bleiben, die Arbeit der
Partei Bündnis 90/Die Grünen fortan aber aus kritischer Distanz
verfolgen.
In keine andere Partei
Mit ihrem Parteiaustritt will sich die 45-Jährige, die die Kreisgrünen
zuletzt als Delegierte beim Landesparteirat vertreten hat und die
von Beruf Sozialarbeiterin ist, voraussichtlich ganz aus der aktiven
Politik zurück ziehen. "Auf keinen Fall werde ich einer anderen
Partei beitreten", sagt sie. Eventuell werde sie noch bis zum Ende
der Legislaturperiode als sachkundige Bürgerin im Erkelenzer Stadtrat
bleiben. Dazu müsse sie aber noch Gespräche führen.
Quelle: Aachener Nachrichten, 18.11.2001
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